Warum demonstrieren die Landwirte zur Zeit?

Wie kam es zu den Demonstrationen der Landwirte?

Man konnte sie fast nicht ignorieren: Überall in Deutschland, vor allem in großen Städten fanden sich in der letzten Zeit Landwirte aus dem ganzen Land zu großen Demonstrationen zusammen. Auch Menschen aus anderen Branchen, z.B. Handwerker, Spediteure, und viele andere, haben sich den Protesten angeschlossen, teils aus Solidarität mit den Landwirten und auch weil ihnen bewusst ist, dass eine Veränderung der einheimischen Landwirtschaft auch ihr Leben verändern wird. 
Vor kurzem hatte die Bundesregierung haushaltsbedingte Sparmaßnahmen beschlossen, die besonders für landwirtschaftliche Betriebe zusätzliche Belastungen mit sich führen. Zu diesen Entscheidungen kam es ohne mit Vertretern der Landwirtschaft darüber zu beraten. Aus Sicht der Demonstrierenden zeigt dies, welchen Stellenwert die Arbeit der Landwirtschaft in Deutschland für die aktuelle Regierung hat. Viele Landwirte haben daher große Angst, ihre Betriebe aufgeben zu müssen oder nicht mehr davon leben zu können. Durch die starken Sparmaßnahmen fühlen sich Landwirte, unabhängig ob tierhaltende Betriebe oder Ackerbauern, konventionell wirtschaftende Betriebe wie Biobetriebe gleichermaßen betroffen. Gerade für Biobetriebe, die häufig mehr mechanische Bodenbearbeitung betreiben müssen, um Unkräuter zu bekämpfen, würde ein erhöhter Dieselpreis große Nachteile bedeuten. Denn zur Bodenbearbeitung braucht es nun mal den Traktor, und der braucht heutzutage eben noch Diesel. Alternative Techniken haben wir praxistauglich leider derzeit nicht zur Verfügung. Gleichzeitig ändern sich die Rahmenbedingungen für Betriebe in anderen Ländern dadurch nicht. So erhalten diese indirekt einen Wettbewerbsvorteil. 

Warum kritisieren manche Menschen die Demonstrationen der Landwirte?

Für einige Menschen sind die Proteste der Landwirte nicht nachvollziehbar. Die sollen sich mal nicht so anstellen, die bekommen doch eh schon einen Haufen Geld vom Staat, Subventionen jede Menge. Die fahren mit riesigen Traktoren, Bulldogs, wie wir in Bayern sagen. So schlecht kanns einem ja gar nicht gehen, wenn man sich so eine große Maschine leisten kann. Das sind die gängigen Aussagen der Kritiker der Proteste.
Landwirte demonstrieren nicht für geringere Arbeitszeiten, mehr Urlaubstage, Lohnerhöhungen. Wer sich dafür entschieden hat den Beruf des Landwirts, der Landwirtin auszuüben, der bringt viel Idealismus mit. Viele Höfe, gerade in Süddeutschland wo wir leben, werden im Nebenerwerb geführt. Das bedeutet, dass neben der Landwirtschaft noch eine weitere Berufstätigkeit ausgeübt wird. Dies hat unterschiedliche Gründe. In aller Regel möchten die Landwirte die Höfe ihrer Familien weiterführen weil zum Betreiben eines Hofes viel Überzeugung der Sinnhaftigkeit der Arbeit gehört. Jedoch wird zu wenig Geld mit der Landwirtschaft verdient um davon allein leben zu können. Um dies leisten zu können wird die Mehrfachbelastung, Hauptberuf zum Broterwerb um den Hof weiter zu führen, auf sich genommen. Urlaubstage werden genommen um Arbeitsspitzen wie Aussaat und Ernte zu bewältigen. Auf viehhaltenden Betrieben wird Stallarbeit bewältigt, bevor es in den Hauptjob geht und es geht nach Feierabend wieder in den Stall. Egal ob Landwirtschaft im Hauptberuf oder im Nebenerwerb, die Verwaltungsarbeit, Dokumentation, Büroarbeit ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. 
Was fordern die Landwirte also? Die Landwirte fordern lediglich, ihren Beruf weiterhin ausüben zu können. Wer Landwirtschaft betreibt möchte einfach seine Arbeit auf dem Feld, im Wald, im Stall sowie die dazugehörenden Wartungs- und Pflegearbeiten an den Maschinen tätigen. 

Warum sollten dich die Bauerndemonstrationen interessieren?

Warum sollte dich das interessieren? Wenn die landwirtschaftlichen Betriebe hier aufgeben, wird es keine regionale produzierten Lebensmittel mehr geben. Das bedeutet, wir werden zu 100% auf Importe angewiesen sein, auf deren Qualität wir keinen Einfluss haben. Nicht nur auf die Qualität der Lebensmittel haben wir dann keinen Einfluss mehr, auch in der Preisgestaltung sind wir dann zu 100 % von den Ländern abhängig von denen wir die Lebensmittel zukaufen müssen.

Warum Zahlen relativ sind

Ihr habt erwirtschaftet doch Rekordgewinne mit knapp 100.000 €. Diese Aussage müssen wir differenziert betrachten: wir sprechen hier von Durchschnittswerten. Die meisten kleinen Betriebe können von solchen Zahlen nur träumen. Selbst wenn solche Gewinne erzielt werden, heißt das nicht, dass dieses Geld der Landwirt zur freien Verfügung hat. Tilgung und Rücklagen für Investitionen um beispielsweise die Tierhaltung zu verbessern sind hier noch nicht mit eingerechnet. Landwirtschaftliche Betriebe sind meist rechtliche Einzelunternehmer, die als sogenannte Familienbetriebe agieren. Das bedeutet, nicht nur der Inhaber des Betriebes arbeitet dort, sondern in aller Regel geht es nur mit sehr viel Unterstützung der Familie. Das bedeutet in aller Regel arbeiten die Partner, Eltern, Kinder, oft auch Geschwister auf den Betrieben mit. In aller Regel in ihrer Freizeit von ihren Hauptjobs und meist wenn überhaupt nur mit geringfügiger Entlohnung, die aus dem Betriebsgewinn erwirtschaftet werden muss. Warum macht man das? Aus Überzeugung und ganz viel Idealismus.
Einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb zu führen bedeutet in der Regel auch einen sehr strikten Generationenvertrag innerhalb der eigenen Familie zu haben. Das bedeutet, die Renten, die Bauern und Bäuerinnen erhalten, sind sehr niedrig, noch niedriger als die ohnehin schon niedrigen Renten der meisten. Denn das System sieht vor, dass der aktuelle Betriebsleiter die Generation von der er übernommen hat, in aller Regel seine Eltern, bis zu deren Tod auch finanziell versorgt. Dafür arbeiten Landwirte im Rentenalter meist unentgeltlich für ihre Kinder so lange sie arbeiten können. 
Wer also die Forderungen der Landwirte nicht ernst nimmt, und sich denkt, die haben ja leicht reden, der sollte sich selbst fragen, ob er so leben möchte, wie  beschrieben. Denn wenn es wirklich so attraktiv sein soll einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, es suchen viele Betriebe Nachfolger. Eben weil viele Kinder von Landwirten lieber andere Berufe ergreifen. 

Fazit: Wollen wir weiterhin bezahlbare Lebensmittel in Deutschland produzieren, sollten wir die noch bestehenden landwirtschaftlichen Familienbetriebe erhalten. Im Interesse von uns allen.

Fee

Bin Agraringenieurin liebe es, unsere Arbeit in der Landwirtschaft zu zeigen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Gudrun

    Ein lesenswerter Artikel, den ich gerne in meinen Status stelle
    LGg

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