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Wie wir Hungersnöte in Kauf nehmen

Euch Landwirten gehts doch nur um den Ertrag!

Mit dieser Aussage werden wir häufig konfrontiert. Vorallem auf Instagram, aber auch offline kritisieren Menschen, uns Landwirten ginge es doch nur den Ertrag. Die Natur sei uns dabei egal, aber wir wären ja nur darauf aus, noch mehr Ertrag und damit mehr Profit zu machen. 
Bei solchen Reaktionen auf meine Instagram-Story musste ich erst mal schlucken. Dabei wollte ich unsere Community doch einfach nur mitnehmen  auf einen Feldarbeitstag als Bauer Franz und ich dem Wintergetreide seine Frühjahrsgabe an Dünger gegeben haben.

Warum wir unsere Pflanzen nicht hungern lassen dürfen

Düngen bedeutet den Pflanzen die Nährstoffe zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen um ihr Wachstumspotential voll ausschöpfen zu können. Wie wir Menschen oder auch Tiere hat jede Kulturart einen ganz individuellen Bedarf an Nährstoffen. Zum Vergleich, der Mensch muss darauf achten, genügend Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate, Vitamine, Spurenelemente ect. zu sich zu nehmen. Fehlen bestimmte Nährstoffe, oder wird zu wenig davon aufgenommen, wird der Mensch krank, es entstehen Mangelerscheinungen, der Mensch wird leichter krank. Kinder, die mangelernährt sind, wachsen schlechter und zeigen Krankheitsanzeichen. Bei Pflanzen ist dies genau so. Fehlen den Pflanzen bestimmte Nährstoffe oder bekommen sie zu wenig davon, wachsen sie geringer, bilden weniger Leistung aus. Eine Überversorgung wäre auch von Nachteil, daher achten Landwirte dass die Pflanzen genau die Mengen erhalten, die für ihre Entwicklung förderlich sind. Nicht mehr. Unsere Kulturpflanzen sichern die Ernährung von uns Menschen und die unserer Haustiere. Oft fällt das Argument, wir sollen einfach nicht düngen, dann wächst halt weniger, aber das sei ja auch in Ordnung. Ja, ohne die gezielte Versorgung mit Nährstoffen würden unsere Pflanzen weniger wachsen. Anstatt 100 % Erntemenge, könnten wir 20 % ernten. Unsere Kritiker sagen, wir sollen nicht so gierig sein, uns mit weniger zufrieden zu geben. Uns mit weniger zufrieden geben. Ja, das wäre möglich. Für uns Landwirte in Mitteleuropa ja. Wenn wir dann für die geringere Ernte den selben Preis bekommen, wie für die größeren Ernten, wäre das sogar viel wirtschaftlicher für uns. Denn Dünger ist sehr teuer. Wie viel und ob wir unsere Pflanzen düngen, ist immer eine Frage der Kalkulation. Davon abgesehen, dass gesetzlich genau genau geregelt ist, wie viel Dünger und wann ausgebracht werden darf, muss hier exakt kalkuliert werden. Müssten wir keinen Dünger kaufen, würden wir viel Geld sparen. So die Theorie. 

Ohne Düngung ist die Sicherung der Ernährung in Gefahr

Rein wirtschaftlich wäre für uns in Mitteleuropa eine Produktion mit geringeren Erträgen also möglich. Vorausgesetzt der Markt ist bereit uns mehr zu zahlen für weniger Leistung. Nicht beachtet bei dieser Idee ist jedoch, dass jedes Potential der Anbaufläche das verschenkt wird, für die Ernährung der Menschen fehlt. Ackerland lässt sich nicht vermehren. Im Gegenteil durch Besiedelung, Bau von Straßen, Stillegung von Ackerflächen wird es immer weniger. Gerade im Raum München ist die Diskussion um Umwandlung von Ackerflächen, die die die Menschen in der Stadt und Umgebung regional, sogar lokal und hochwertig ernähren können in der Diskussion. Die Stadt München möchte mit ihrem Projekt Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme kurz: SEM Wohnraum für die Menschen schaffen und damit Ackerflächen aus der Produktion nehmen. Diese Ackerflächen fehlen dann zum Anbau von Lebensmitteln. Von weniger Fläche müssen mehr Menschen ernährt werden. Sonst kommt weltweit betrachtet eine Hungersnot. Fallen dann auch noch durch Dürreperioden, Überschwemmungen oder Kriege wie aktuell in der Ukraine große Ernten komplett oder teilweise aus, fehlen diese auf dem Weltmarkt. Um Hungersnöte zu verhindern, ist es notwendig die Versorgung mit Lebensmitteln auszugleichen. Beschränken wir uns bei der Ausschöpfung des Potentials unserer Äcker massiv, nehmen wir in Kauf, dass wir die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln nicht mehr gewährleisten können. 

Legen wir Flächen still, muss von weniger Fläche mehr Ertrag kommen

Rückzugsorte für Wildtiere, Lebensraum für Wildpflanzen, das sehen wir Landwirte als unglaublich notwendig an. Wir haben größten Respekt vor der Umwelt und der Natur, ohne die wir nicht arbeiten könnten. Jedoch bedeutet jede aus der Produktion genommene Fläche Verlust von Ackerland. Sei es für Wiederaufforstung, zur Anlage von Biotopen, Gewässerrandstreifen, auf denen kein Ackerbau betrieben werden darf, dies alles fehlt zum Anbau von Lebensmitteln. Da denkt der eine oder andere, ach, von jedem Acker ein bisschen was still legen, das tut doch nicht weh, aber alles zusammen genommen, ist das dann sehr viel Verlust an Fläche für Lebensmittel.  Gerade in Hinblick auf den Klimawandel werden viele Flächen unbewirtschaftbar. 

Warum genießt Ertrag so einen schlechten Ruf?

Eine leistungsstarke Landwirtschaft sichert unsere menschliche Ernährung. Bewusst im großen Stil auf Ertrag zu verzichten bedeutet, die Ernährung der Weltbevölkerung zu gefährden. Aber nicht auf Kosten der Natur, sagen die Kritiker. Das sehen wir Landwirte genauso. Indem wir genau darauf achten, nur die Mengen an Dünger zu geben, die die Pflanzen auch aufnehmen können und den Einsatz exakt arbeitender Technik gewährleisten wir, dass der Dünger nur dort ankommt, wo er hin soll: Bei unseren Pflanzen, damit sie gesund sind, ordentlich wachsen und uns alle damit ernähren. 

Fee

Bin Agraringenieurin liebe es, unsere Arbeit in der Landwirtschaft zu zeigen.

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